Dein Herz schlägt im Zweitakt-Rhythmus? Dann macht es sicher wahre Freudensprünge, wenn ein Puch-Mofa um die Ecke kommt, denn die Austro-Hödis sind ganz besondere Töfflis: Sie sind nostalgische Kindheitserinnerung und Freiheitsgefühl auf zwei Rädern: Echtes Töffli-Gfühl, direkt i s’Härz! Doch was steckt wirklich hinter der Faszination Puch? Und wie wurden die Perlen aus Graz zur Legende? In diesem Artikel nehmen wir dich mit auf eine Zeitreise durch die Geschichte des Einser-Werks – vom ersten Velo bis zur „Schwarzen Sau“. Du erfährst, wie Modelle wie das Maxi, das X30 oder das Stangelpuch Kultstatus erreichten und warum sie bis heute unvergessen sind.
Von der Velowerkstatt zum Weltkonzern
Was einst als kleine Velowerkstatt begann, wurde zur Keimzelle einer der bekanntesten Zweiradmarken Europas. In Graz gründete Johann Puch 1889 sein erstes Unternehmen – mit viel Tüftlergeist und einem feinen Gespür für die Mobilität von morgen. Aus der Werkstatt entstand rasch das legendäre Einser-Werk, das Herzstück der Produktion und später einer der bedeutendsten Industriebetriebe Österreichs. Dort liefen nicht nur Velos vom Band, sondern auch Motorräder, Mopeds, Autos, Traktoren – und eben jene Töfflis, die weit über die Landesgrenzen hinaus Kultstatus erreichten.

Von Duke of W4 – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=110016605
Puch-Mofa-Modelle im Überblick
Vom ersten echten Mofa bis zum ultimativen Kult-Hobel: In den folgenden Absätzen stellen wir dir die wichtigsten Mofa-Modelle vor:
Styriette – Die erste Idee vom Töffli
Bis die legendären Töfflis wie der MS 50- oder der X30-Hobel ihren Siegeszug antreten sollten, war es noch ein langer Weg, als der österreichische Hersteller im Jahr 1938 die Styriette auf den Markt brachte. Doch dieses Velo mit Hilfsmotor bzw. Leichtmotorrad mit 60 cm³ Hubraum, 1,3 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 30 km/h erfüllte bereits viele Merkmale dessen, was man später als klassisches Töffli bezeichnete. Technisch gesehen war die Styriette noch näher am Velo als am heutigen Mofa: Sie wog nur 39 kg, hatte einen einfach aufgebauten Zweitaktmotor und einen schlichten, aufs Wesentliche reduzierten Aufbau. Doch genau das machte sie besonders. Mit über 2’000 produzierten Einheiten war sie für viele das erste eigene motorisierte Zweirad – und vor allem der Startschuss für das, was Puch später zur Kultmarke machte. Auch wenn die Styriette nur kurz gebaut wurde (bis 1939), bleibt sie in der Modell-Geschichte des österreichischen Herstellers ein Schlüsselmoment. Denn das Modell markierte den Anfang einer Entwicklung, die später mit dem MS 50 und dem Puch X30 richtig Fahrt aufnehmen sollte.

Von Martin Krusche – Kuratorium für triviale Mythen, Gleisdorf, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42188931
Puch MS 50 – das erste echte Mofa aus Graz
Mit dem MS 50 Hödi, auch liebevoll „Stangelpuch“ genannt, brachten die Grazer 1954 das erste echte Mofa auf die Strasse, zumindest technisch gesehen, und schuf damit einen Klassiker, der bis 1982 gebaut wurde. Der luftgekühlte Zweitaktmotor mit 49 cm³ leistete in der Ursprungsversion rund 1,8 PS, war jedoch auch in einer auf 1,0 PS gedrosselten Variante erhältlich. In Kombination mit einer Zwei-Gang-Schaltung bot das Modell MS 50 für seine Zeit eine beeindruckende Bergtauglichkeit – ein entscheidender Vorteil im hügeligen Alltag vieler Töfflimeitli und Töfflibuebe. Technisch war das Modell solide, aber nicht unbedingt einsteigerfreundlich: Wer das Anfahrverhalten und die Schaltung im Griff hatte, lernte das MS 50-Mofa schnell als verlässlichen Begleiter zu schätzen – mit spürbar mehr Zugkraft als viele seiner Zeitgenossen. Dank ihres gepressten Stahlrahmens, der griffigen Trommelbremsen und der guten Federung galt das Stangelpuch als rassiger 2-Takter mit nahezu motorradähnlichem Fahrgefühl. Das Modell MS 50 war nicht nur beliebt, sondern wurde zu einer festen Grösse im Strassenbild. Als „Postlermoped“ in Österreich transportierte das Mofa jahrelang Briefe und Pakete, war aber auch bei Handwerkern als Firmenfahrzeug so beliebt, dass es sich den Spitznamen „Maurerbock“ einfuhr.

Von Dnalor 01 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 at, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=101290803
Puch X30 – der robuste Hobel für Anspruchsvolle
Noch vor dem Modell Maxi kam 1962 das Puch X30 Töffli auf die Strasse – ein Mofa, das sich durch seine robuste Bauweise und hochwertige Ausstattung deutlich vom späteren Bestseller abhob. Technisch verwandt mit dem Puch Maxi, setzte das Modell X30 aber auf stabilere Komponenten und ein markanteres Design. Der schlanke X30 Tank und der charakteristische Einrohrrahmen gaben dem Hobel ein markantes Erscheinungsbild. Wer ein X30-Töffli besitzt, weiss: Dieses Mofa war nie Massenware, sondern immer etwas Besonderes. Ausgestattet mit einem Zweigang-Getriebe und wahlweise einem fahrtwind- oder gebläsegekühlten Zweitaktmotor (Z50 oder ZA50), brachte das Modell rund 1,36 PS auf die Strasse – kraftvoll genug für hügelige Strecken. Hierzulande ist das X30 Töffli unter Schraubern besonders begehrt und wird wegen seines stabilen Rahmens gerne für Geländeausflüge oder Mofarennen genutzt.

Von Markus Zinnecker – Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37872540
Puch, Louis Lucien Lepoix & der legendäre Maxi-Hobel
Wenn man heute vom „Puch-Töffli“ spricht, meint man fast immer das Maxi-Mofa. Seit seiner Markteinführung im Jahr 1969 prägte dieses Modell das Strassenbild in der Schweiz wie kaum ein anderes Mofa – und wurde zum Inbegriff von Freiheit auf zwei Rädern. Das charakteristische Design geht auf keinen Geringeren als Louis Lucien Lepoix zurück – ein Industriegestalter, der auch für Marken wie BMW, Mercedes und NSU entwarf. Er verlieh dem Modell seine klare, funktionale Linie mit dem im Rahmen integrierten Tank – damals ein echter Hingucker und technisch wie ästhetisch ein Meilenstein. Angetrieben vom bewährten E50-Einzylindermotor (später auch mit ZA50 erhältlich), war dieses Modell robust, zuverlässig und erschwinglich. Die Varianten mit Ein- oder Zwei-Gang-Getriebe boten eine solide Grundlage für Alltag und Tuning. Kaum ein anderes Mofa wurde so oft mit umgebaut, lackiert und frisiert. Gleichzeitig markierte das Töffli-Modell ein historisches Ende: Es war das letzte Mofa, das die Österreicher vor dem Verkauf der Zweiradsparte an Piaggio produzierten. Damit wurde es nicht nur zum Kultmodell, sondern auch zum letzten echten Puch-Hobel aus Graz.

Von Zeitblick – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154596196
Legenden im Detail: Was die bekanntesten Puch-Mofas ausmacht
Während das Maxi als erschwinglicher Allrounder nahezu überall anzutreffen war, positionierte sich das X30 als exklusivere und robustere Alternative für anspruchsvolle Fahrer. Doch wie schneiden diese Modelle im direkten Vergleich ab? Und wo reihen sich das Super Maxi LG1, das Modell N und das Modell S in diese ikonische Reihe ein? Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten der drei bekanntesten Töfflis der Marke.
Merkmale | Maxi | X30 | Super Maxi LG1 | Maxi N | Maxi S |
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Produktion | Ab 1969 | Ab 1962, speziell für den Schweizer Markt | Ab 1978 | Ab 1969 | Ab 1972 |
Motor | 49 ccm, 1-Gang-Automatikmotor oder 2-Gang-Schaltung | Velux Z50 (Fahrtwindgekühlt) oder ZA50 (Gebläsekühlung), 1,2 PS | 49 ccm, 1-Gang Automat (E50) oder 2-Gang Automat, Luftgekühlt | 49 ccm, 1-Gang-Automatik, Luftgekühlt | 49 ccm, 2-Gang-Schaltung, Luftgekühlt |
Kühlsystem | Luftgekühlt | Wahlweise Fahrtwind- oder Gebläsegekühlt | Luftgekühlt, Fahrtwindgekühlt | Luftgekühlt, Fahrtwindgekühlt | Luftgekühlt, Fahrtwindgekühlt |
Rahmen | Einfacher Rohrrahmen | Robuster Stahlrohrrahmen | Stanzblech-Rahmen | Stanzblech-Rahmen | Stanzblech-Rahmen |
Höchstgeschwindigkeit | 30 Km/h | 30 Km/h | 30 Km/h | 30 Km/h | 30 Km/h |
Einsatzgebiet | Alltag, leichtes Gelände | Geländefahrten, robust und vielseitig | Alltag, leichtes Gelände, beliebt bei Tuning-Fans | Alltag, vor allem für Jugendliche und Einsteiger | Alltag, für längere Fahrten dank komfortablerer Ausstattung |
Besonderheiten | Fortgeschrittene Kenntnisse für gleichmässigen Schliff nötig | Grundkenntnisse, einfache Maschinen | Grundkenntnisse, einfache Maschinen | Grundkenntnisse, einfache Maschinen | Grundkenntnisse, einfache Maschinen |
Ersatzteilversorgung | Sehr gut, viele Originalteile und Nachbauten verfügbar | Eingeschränkt, Originalteile sind selten | Gut, viele Nachbauten und Originalteile verfügbar | Sehr gut, das Standardmodell mit breitem Ersatzteilangebot | Gut, aber teilweise spezifische Teile, die schwerer zu finden sind |
Zielgruppe damals | Jugendliche und Einsteiger | Schrauber und Offroad-Liebhaber | Fortgeschrittene Fahrer und Schrauber | Jugendliche, die ihr erstes Töffli suchten | Fahrer, die mehr Komfort wollten als beim Modell N |
Zielgruppe heute | Nostalgiker, Sammler und Tuning-Einsteiger | Sammler und Liebhaber seltener Modelle | Tuning-Enthusiasten und Sammler | Nostalgiker und Sammler, die den ursprünglichen Maxi-Charme suchen | Liebhaber klassischer Töfflis, die Komfort und Stil vereinen |
Preis heute (gebraucht) | Ca. 500–2.500 CHF (je nach Zustand und Tuning) | Ca. 1.500–6.000 CHF (je nach Zustand und Originalität) | Ca. 800–3.000 CHF (je nach Zustand und Modifikationen) | Ca. 500–2.500 CHF (je nach Zustand und Originalität) | Ca. 1.000–3.500 CHF (je nach Zustand und Nachfrage) |
Fazit:
- Maxi: Der Allrounder – ideal für Einsteiger, mit hervorragender Ersatzteilversorgung und einfacher Technik.
- X30: Die Rarität – robust, geländetauglich, aber schwer zu finden und teurer in der Restaurierung.
- Super Maxi LG1: Mit seinem verstärkten Rahmen und der Zwei-Gang-Schaltung war es perfekt für anspruchsvollere Fahrer oder leichtes Tuning.
- Maxi N: Das „Basis-Modell“ schlechthin – simpel, günstig und vor allem für Anfänger gedacht.
- Maxi S: Eine komfortablere Variante des Maxi, ideal für Fahrer, die Wert auf Bequemlichkeit legen.

Von Zeitblick – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154596195
Und wie ging’s weiter mit Puch?
Nach dem Höhepunkt der Töffli-Welle in den 1970er-Jahren – 1978 liefen in Graz über 270’000 Mopeds und Motorräder sowie 350’000 Velos vom Band – begann langsam der Abschied von der grossen Ära. Zwar sorgte der österreichische Hersteller mit dem Supermaxi, dem ersten Mofa mit Katalysator, 1985 nochmals für eine echte Innovation, doch der wirtschaftliche Druck wurde grösser.
1987 dann der Einschnitt: Die Zweiradproduktion am traditionsreichen Standort Graz wurde komplett eingestellt – nach fast 100 Jahren endete auch die Velofertigung. Die Markenrechte gingen an den italienischen Hersteller Piaggio, der das Maxi-Töffli noch einige Jahre in seinen Werken in Pontedera, Pisa, Lugagnano und Mortellini weiterbaute. Damit war das Kapitel Puch in Österreich zwar beendet – der Mythos aber lebt weiter. In Garagen, bei Oldtimertreffen und natürlich auf den Strassen. Ein Puch-Mofa ist bis heute mehr als ein Fortbewegungsmittel: Es ist ein Stück Freiheit, ein mechanisches Denkmal und für viele das schönste Kapitel ihrer Jugend.
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Bildquelle Beitragsbild: Von Christoph Waghubinger (Lewenstein) – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154903291